Weißt du, was du willst?
„Weißt du, was du willst?“ – Auf diese Frage, die ich oft stelle, wenn sich jemand mal wieder über sein Leben beklagt, bekomme ich oft nur ein zögerndes „Nein, weiß ich nicht“ zur Antwort. So verwundert es nicht, dass derjenige mit seinem Leben nicht sonderlich zufrieden ist. Denn nur wenn wir wissen, was wir wollen, können wir die für uns richtigen Entscheidungen treffen, die schließlich zu mehr Lebensfreude führen.
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Sich über das Leben zu beklagen und dabei nicht zu wissen, was man eigentlich möchte, ist irgendwie skurril und scheint dennoch verbreitet zu sein. Wenn ich meine Gesprächspartner mit dieser eigentümlichen Verhaltensweise konfrontiere, müssen sie deshalb selbst oft schmunzeln.
Wenn wir nicht wissen, was wir wollen, stehen die Chancen auf ein glückliches Leben ähnlich gut, wie sich in einer fremden Umgebung ohne Landkarte, Straßenschilder oder Navigationssystem zurechtzufinden. Wir brauchen eine Richtung, in die wir gehen. Wenn wir beispielsweise wissen, dass wir es sonnig und warm mögen, ist es eine gute Idee, gen Süden zu fahren. Und je mehr wir uns darüber im Klaren sind, was wir wollen, desto konkreter wird die Route werden. Unsere eigene Route zu kennen, bedeutet jedoch nicht, dass wir unterwegs nicht immer mal wieder auch von dieser Route abweichen können, um die Chancen, Möglichkeiten und Schönheiten abseits des Weges zu entdecken. Und wer weiß: Vielleicht ergibt sich aus den Erlebnissen abseits der Pfades ja sogar eine neue, abgewandelte Route. Trotzdem beginnt aber alles zunächst mit einer Richtung, und je genauer die Richtung bestimmt werden kann, desto mehr Freude werden wir auf dem Weg erfahren.
Warum aber haben manche Menschen so wenig Ahnung davon, was sie eigentlich wollen? Wieso leben sie von Tag zu Tag ohne einen übergreifenden Fahrplan, der ihnen dabei hilft, die nächste richtige Abzweigung zu nehmen? Dafür gibt es gleich mehrere Gründe:
Zu wenig Zeit für Reflexion
Ich glaube, ein wesentlicher Grund hierfür ist unser überfülltes Leben. Allein unser Job nimmt einen gewaltigen Anteil unserer Zeit ein. Zusätzlich haben wir unzählige weitere Verpflichtungen. Es bleibt also wenig Zeit für uns und Raum für Reflexion. Manche stecken sogar so tief im Strudel ihres überfüllten Lebens, dass bereits die Idee einer Veränderung außerhalb ihrer Vorstellungskraft liegt und sie überfordert.
Wir müssen uns also bewusst Zeit nehmen, um uns Gedanken machen zu können – und das am besten regelmäßig. Denn vermutlich wissen wir nach einem einzelnen Abend noch nicht, was wir wirklich vom Leben wollen. Das braucht Zeit. Ideen und Vorstellungen müssen reifen. Mit diesen Überlegungen treten wir zugleich auch in einen Reifeprozess ein, der den Nährboden für persönliche Werte und einen gefestigten Charakter liefert.
Nimm dir also immer wieder Zeit für dich. Sollten sich diese Momente nicht organisch ergeben, kannst du auch fixe Zeiten in deinen Kalender eintragen.
Fokus auf kurzfristigem Vergnügen
Der zweite Grund, warum wir nicht wissen, was wir wollen, sind die Ablenkungen, denen wir uns unaufhörlich hingeben. Kurzfristiges Vergnügen wird über langfristiges Glück gestellt. Jede freie Minute verbringen wir mit irgendeiner Beschäftigung, die uns kurzfristig Freude bereitet: Shoppen, Ausgehen, Netflix, Instagram u. s. w. Die Priorisierung von kurzfristigen Vergnügen ist es, die uns von einem Tag in den nächsten leben lässt und uns davon abhält, ein größeres Bild für unser Leben zu zeichnen.
Zugegeben, der Gegenentwurf ist deutlich herausfordernder: Langfristiges Glück setzt das Entsagen von kurzfristigem Vergnügen und Überwinden von kurzfristigem Schmerz voraus. Zur Erklärung zwei typische Beispiele:
Wer abnehmen möchte, muss auf ungesundes Essen verzichten (kurzfristiges Vergnügen) und regelmäßig Sport treiben (kurzfristiger Schmerz). Am Ende aber wird sich derjenige fitter und wohler in seiner Haut fühlen (langfristiges Glück).
Wer sich selbstständig machen möchte, muss zu Beginn seiner Selbstständigkeit manche Verabredungen mit Freunden absagen (kurzfristiges Vergnügen), um mehr arbeiten zu können (kurzfristiger Schmerz), wird letztlich aber mit einem florierenden Business belohnt (langfristiges Glück).
Um herauszufinden, was wir wirklich wollen, müssen wir also immer wieder auf ein kurzfristiges Vergnügen verzichten und uns stattdessen mit den Bereichen in unserem Leben auseinandersetzen, mit denen wir nicht zufrieden sind. Und diese Auseinandersetzung kann manchmal recht unangenehm sein. Verdrängte Emotionen wie Trauer, Wut und Scham können sich dabei breitmachen. Wer möchte, kann sich für diese innere Arbeit professionelle Unterstützung holen: Coaching, Therapie, Grinberg-Methode etc. Die Möglichkeiten sind unzählig.
Und selbstverständlich sind die kleinen Glücksmomente des Alltags genauso für unser langfristiges Glück verantwortlich wie der große Fahrplan. Es spricht also absolut nichts gegen Ausgehen mit Freunden oder einen gemütlichen Abend mit Netflix. Nur wenn wir uns ausschließlich auf kurzfristiges Vergnügen fokussieren oder uns nur noch auf unser langfristiges Glück konzentrieren, bleibt die nachhaltige Lebensfreude auf der Strecke. Das ausbalancierte Zusammenspiel von beiden Elementen ist also der Schlüssel.
Die Angst vor Verantwortung
Der dritte Grund, warum wir nicht wissen, was wir wollen, ist die Angst vor Verantwortung. Wenn wir wissen, was wir wollen, wüssten wir nämlich, was zu tun ist. Dann müssten wir Dinge verändern, vielleicht Menschen oder Jobs verlassen und uns neue Gewohnheiten zulegen. Kurz gesagt: Wir müssten Verantwortung für unsere Entscheidungen und unser Leben übernehmen.
Solange ich nicht weiß, was ich will, kann ich sämtliche äußeren Ereignisse und alle anderen für meine Lebensumstände verantwortlich machen. Sobald ich aber einen bestimmten Weg einschlage, für den ich mich ganz bewusst entschieden habe, bin ich für das Beschreiten dieses Weges verantwortlich. Ich kann dabei Erfolg haben oder scheitern. Und das macht uns eine Heidenangst.
Nimm dir Zeit!
Letztlich wird es immer wieder Phasen in unserem Leben geben, in denen wir nicht genau wissen, was der nächste richtige Schritt ist. Aber eine grobe Richtung zu kennen, zu wissen, wo wir langfristig hinwollen, unterstützt uns dabei, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Hingegen ohne jegliche Lebensvision durchs Leben zu gehen, ist auf Dauer ungesund und kann nur zu unzufriedenen Lebensumständen führen.
Wenn du magst, nimm dir also einen Moment Zeit und reflektiere:
- Wer bin ich?
- Welche persönlichen Werte leiten mich?
- Was sind meine Stärken?
- Was sind meine Schwächen?
- Worin will ich besser werden?
- Welche Themen interessieren mich?
- Wofür kann ich mich begeistern?
- Bei welchen Tätigkeiten vergesse ich die Zeit?
- Welche Personen inspirieren mich?
- Welchen Beitrag möchte ich für die Welt leisten?
- Habe ich die Verantwortung für mein Leben übernommen?
Meditation „100-Jahre-Übung“
Falls du weitere Inspiration suchst, um dir klarer über die Richtung in deinem Leben zu werden, kannst du die 100-Jahre-Übung machen. Sie ist in einer geführten Meditation verpackt und dauert ca. 15 Minuten.
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