Digitale Achtsamkeit
Das iPhone feierte letztes Jahr seinen zehnten Geburtstag. Seither ist das Smartphone zu einem festen Bestandteil unseres Lebens geworden. Für viele von uns ist der Umgang damit zu einer solchen Selbstverständlichkeit geworden, dass wir gar nicht mehr bemerken, wie abgelenkt wir davon sind.
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Das erste iPhone wurde im Januar 2007 vorgestellt. Davor hatten wir zwar bereits Computer zu Hause und Handys in unseren Hosentaschen, aber diese Geräte hatten nicht denselben Einfluss auf uns, wie es das Smartphone heute hat. Die meisten von uns können sich ein Leben ohne Smartphone und mobilem Internet gar nicht mehr vorstellen, und ich selbst nehme mich dabei nicht aus. Jetzt, zehn Jahre später, werden die Stimmen jedoch immer lauter, dass die ständige Nutzung digitaler Geräte, allen voran des Smartphones, einen enormen Einfluss auf unser Leben hat und dadurch auch ein großes Potenzial, uns negativ zu beeinflussen.
Apple reagiert
Auch Apple hat das Problem erkannt und gesteht auf der diesjährigen „Worldwide Developers Conference“ ein, dass es an der Zeit ist, sich mit den gewaltigen Auswirkungen des iPhones auf unseren Alltag auseinanderzusetzen. Daher wurden auf der Konferenz mehrere Maßnahmen vorgestellt, wie man die iPhone-Nutzer zukünftig dabei unterstützen will, bewusster mit dem Gerät umzugehen. So soll in Zukunft jeder User Statistiken einsehen können, wie lange er sein iPhone genutzt hat und wie viel Zeit er in den jeweiligen Apps verbracht hat. Außerdem soll er eine zeitliche Obergrenze je App oder App-Kategorie eintragen können. Push-Nachrichten sollen individueller verwaltet werden können – so soll es z. B. möglich sein, abends sämtliche Benachrichtigungen zu deaktivieren oder sein iPhone so lange verstummen zu lassen, wie man mit seinen Freunden im Restaurant ist.
Um unseren Umgang mit digitalen Geräten in dieser Hinsicht verbessern zu können, braucht es im ersten Schritt jedoch Aufmerksamkeit. Dazu müssen wir uns zunächst darüber bewusst werden, wie viel Zeit wir mit digitalen Geräten verbringen, zu welchen Gelegenheiten wir das Telefon zücken und wann wir in den Autopiloten fallen und ganz automatisch zum iPhone greifen, ohne dass es einen echten Grund dafür gibt.
Dabei helfen dir folgende Fragen:
- Was ist das Erste, das du nach dem Aufwachen tust?
- Checkst du deine Nachrichten und Social Media Accounts, bevor du morgens das Bett verlässt?
- Hast du das Gefühl, jederzeit erreichbar sein zu müssen?
- Hast du das Gefühl, auf Nachrichten sofort antworten zu müssen?
- Ertappst du dich manchmal dabei, automatisch zum Handy zu greifen, wenn dir einen Moment langweilig ist?
- Konsumierst du vor dem Schlafengehen digitale Inhalte?
- Hast du dein Smartphone im Bett dabei?
- Bleibt dein Telefon nachts angeschaltet?
Wenn du vier Mal oder öfter mit „Ja“ geantwortet hast, kannst du dir überlegen, ob du dir einmal Gedanken über deinen digitalen Konsum machen möchtest. Es gibt keine festgesetzten Regeln, was ein guter digitaler Umgang ist. Das muss jeder für sich selbst definieren. Ich möchte dich lediglich dazu inspirieren, über dein eigenes digitales Verhalten zu reflektieren.
Mein Schlüsselmoment
Als ich an einem großen Projekt für einen Kunden arbeitete, wollte ich möglichst ungestört in meinem Büro sein. Ich beendete also mein E-Mail-Programm und aktivierte den Flugmodus in meinem Handy. Nach einiger Zeit bemerkte ich jedoch, dass ich immer wieder bei Facebook herumscrollte. Ganz automatisiert ging ich von Zeit zu Zeit auf die Seite, um meine Benachrichtigungen zu checken. Davon genervt googelte ich nach einem Programm, um Facebook für eine gewisse Zeit zu blockieren. Ich wurde fündig und stellte also ein, dass ich Facebook für die nächsten zwei Stunden blockieren möchte. Ich drückte Start und machte mit meiner Arbeit weiter. Plötzlich aber wurde ich aus meinem kreativen Flow herausgerissen, weil ich eine Browserseite mit einer Fehlermeldung vor mit hatte. Ich hatte tatsächlich wieder unbewusst und automatisch Facebook geöffnet, obwohl ich wusste, dass ich es für zwei Stunden blockiert hatte. Und das sollte nicht das einzige Mal in den zwei Stunden sein.
Das war für mich ein Schlüsselmoment. Ich war vor mir selbst erschrocken. Ich hatte mir eine solch starke Gewohnheit angeeignet, regelmäßig mein Facebook Account zu checken, dass ich selbst gar nicht mehr darüber nachdachte. Es war zu einem Automatismus geworden. Es kostete Kraft und Zeit, sich dieser Gewohnheiten bewusst zu werden und sie zu durchbrechen. Dazu führte ich mir immer wieder vor Augen, wie viel Zeit ich durch die Nutzung von Facebook, Instagram und Co. eigentlich verlor. Ich bin beruflich ambitioniert, und der Gedanke, kostbare Zeit durch unnötiges Scrollen auf Social-Media-Kanälen zu verlieren, half mir schließlich dabei, meine alte Gewohnheit zu beenden.
Wir können also immer wieder unser eigenes Verhalten überprüfen und uns fragen, ist dieses Verhalten förderlich für mein Leben und meine persönlichen Ziele oder nicht. Für mich sind wie für viele andere digitale Geräte und Medien ein essenzieller Teil meines Lebens. Ich arbeite damit, ich kommuniziere damit mit meiner Familie und meinen Freunden, und ich beziehe damit den Großteil meiner täglichen Informationen. Trotzdem glaube ich, dass der digitalen Welt eine deutlich unterschätzte Gefahr innewohnt, uns von unserem eigenen Leben abzulenken. Wir beschäftigen uns permanent mit fremden Informationen – mit dem Leben anderer, denen wir folgen, mit Serien und Filmen, die vom Leben anderer erzählen, mit Nachrichten aus der ganzen Welt, die von fernen Ereignissen berichten. Das alles kann eine Inspirationsquelle sein, aber die Quantität macht den Unterschied.
Ab wann übermäßiger digitaler Konsum beginnt, muss jeder für sich selbst definieren. Dass diese Überlegung allerdings stattfindet, halte ich für unerlässlich, um einen bewussten Umgang mit digitalen Medien zu finden.
Unser Gehirn verändert sich ständig durch unsere täglichen Aufgaben und Tätigkeiten. Der Konsum von digitalen Medien hat folglich Einfluss auf uns und unser Gehirn – ob wir das wollen oder nicht. Wir müssen uns also darüber im Klaren sein, dass die Häufigkeit und Länge des Konsums sowie die Art der Inhalte unser Gehirn und unser Bewusstsein prägen. Darauf zu achten, ob man überwiegend positive Inhalte konsumierst oder negative, ist also ratsam.
Tägliche Offline-Zeiten
Ich habe festgestellt, dass es mir guttut, die erste halbe Stunde am Tag offline zu bleiben. Ich kann mich dadurch auf das Wesentliche konzentrieren und bewusster in den Tag starten. Die erste halbe Stunde am Tag ist für mich. Dasselbe gilt für meinen Abend. Eine halbe Stunde, bevor ich mich schlafen lege, gehe ich offline und schaue auf keinen Bildschirm mehr. Ich lasse Ruhe einkehren und lege mich statt mit meinem Handy mit einem Buch ins Bett. Schaffe ich es jeden Tag diese Offline-Zeiten einzuhalten? Leider nein – aber ich versuche es.
Ich glaube, dass der Begriff „Digitale Achtsamkeit“ in der nächsten Zeit deutlich an Bedeutung gewinnen wird. Nicht zuletzt das geplante Software Update von Apple wird im Herbst eine neue Diskussion auslösen. Ich werde auf jeden Fall noch mehr zum Thema digitale Achtsamkeit schreiben.
Wie gehst du mit dem Thema um?
Hast du Zeiten, in denen du bewusst offline bist? Ertappst du dich dabei, automatisch auf Facebook zu gehen, wie ich das früher tat? Lass es mich in den Kommentaren wissen.
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