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Selbstbewusstsein und Selbstwert

Ein selbstbewusster Mensch ruht in sich selbst. Er strahlt eine besondere Stärke und Souveränität aus. Ihn bringt nichts und niemand so leicht aus dem Gleichgewicht. Er braucht nicht ständig Anerkennung von außen, er „weiß“ um seinen eigenen Wert und ist mit sich im Reinen. Wie aber kommen wir zu mehr Selbstbewusstsein?

7. November 2020

Selbstbewusstsein und Selbstwert sind eng miteinander verbunden. Sind wir uns unseres eigenen Wertes bewusst, gehen wir auch selbstbewusst durchs Leben. Dann sind wir stabil und bieten äußeren Faktoren nur eine geringe Angriffsfläche, um unser Selbstwertgefühl zu beeinflussen.

Sind wir uns unseres eigenen Wertes nicht bewusst, brauchen wir Anerkennung von außen, um uns selbst zu versichern, dass wir wertvoll sind. Wir versuchen unseren scheinbar fehlenden Selbstwert durch Fremdbewertung zu kompensieren. Das macht uns mit der Zeit immer beeinflussbarer und abhängiger. Wir suchen immer weiter die Aufmerksamkeit und Bestätigung anderer, um uns besser zu fühlen. Je mehr Aufmerksamkeit wir bekommen, desto besser fühlen wir uns. Gleichzeitig kann uns ausbleibende Bestätigung schnell verunsichern, können uns kritische Bemerkungen tief verletzen.

Ein geringer Selbstwert lässt sich durch alles Mögliche kompensieren.

So werden Karriere und Jobtitel zu unserem Aushängeschild. Wir bereisen die Welt, um anderen davon zu erzählen. Wir formen und verändern unseren Körper, um begehrt zu werden. Wir inszenieren unser Leben, um es auf Instagram zu teilen. Wir tragen bestimmte Kleidung, in der Hoffnung, dass das Image der Marke oder des Stils auf uns abfärbt. Wir kaufen ständig neue Dinge, gehen oft aus, trinken regelmäßig Alkohol, haben unzählige Dates, und so weiter …

Versteht mich bitte nicht falsch. Ich finde es großartig, wenn jemand engagiert und motiviert ist, wenn jemand die Welt bereist, seinen Körper fit hält, eine gute Zeit hat … Die wichtige Frage dabei ist: Tun wir Dinge, weil sie uns wirklich Freude bereiten oder tun wir sie, weil wir damit etwas kompensieren? Vielleicht ein unangenehmes Gefühl, eine Leere, ein Unbehagen, eine Unruhe?

Mir jedenfalls ging es früher so. Mein geringes Selbstwertgefühl kompensierte ich mit einigen der aufgezählten Punkte. Natürlich wusste ich damals nicht, warum. Ich nahm lediglich eine subtile Leere, eine ständige Unruhe, ein schwammiges Unbehagen in mir wahr. Ein Gefühl, von dem ich am liebsten behauptet hätte, es wäre nicht da. Mir fehlten Halt und Stabilität in meinem Leben. Da ich mich selbst als nicht gut genug betrachtete, suchte ich nach Dingen im Außen, mit denen ich mich identifizieren konnte.

Wenn wir uns ausschließlich mit äußeren Faktoren identifizieren, wie zum Beispiel unserem Erscheinungsbild, unseren Handlungen, unseren Leistungen und Erfolgen, unserem Umfeld oder unseren sozialen Kontakten, dann stehen wir auf sehr wackeligen Beinen. Wir können nicht wirklich zur Ruhe kommen, weil wir ständig versuchen, diese äußeren Faktoren zu kontrollieren. Und was passiert, wenn einer der Bereiche wegfällt? Dann bricht unsere künstliche Schutzhülle ein Stück weit auf und wir sind wieder damit konfrontiert, dass wir glauben, nicht gut genug zu sein, nicht wertvoll zu sein.

So etwas wie einen geringen Selbstwert gibt es nicht.

Selbstwert lässt sich nicht definieren und auch nicht messen. Man kann nicht sagen, er sei groß oder klein. Unser Selbstwert ist einfach da. Er war immer da und wird immer da sein. In unserem Innersten. Strahlend, klar und prächtig. Es ist unsere verzerrte Wahrnehmung, die uns etwas anderes glauben lässt. Die Gedanken, die wir über uns denken, verschleiern unseren Blick auf unseren Selbstwert. Wie ein dunkler Nebel legen sie sich über den Kern und wir können unseren eigenen Wert dann nicht mehr sehen.

Vom Ego zum Sein

Es gibt einen Teil in uns, der für diese verzerrte Wahrnehmung verantwortlich ist: Unser Ego. Es glaubt, dass wir nicht wertvoll sind, dass wir nicht gut genug sind, dass uns etwas fehlt. Deshalb ist es ständig dabei, sich mit äußeren Dingen zu schmücken, um von unserer angeblichen Unvollkommenheit abzulenken. Solange wir nur auf unser Ego hören, ist es unser „Befehlsgeber“, solange sind wir Getriebene unseres eigenen Wahnsinns.

Wahnsinn? Das Wort klingt vielleicht etwas extrem. Aber Gedanken zu glauben, die uns einreden, dass wir nicht gut genug sind, das ist extrem. Zu glauben, dass wir nur dann wertvoll sind, wenn wir bestimmten Vorstellungen entsprechen oder Leistung erbringen, das ist wahnsinnig. Wir sind als Lebewesen auf diesem Planeten geboren und damit wertvoll. Punkt. Erst unsere Gesellschaft impft uns ein, dass wir nicht gut genug sind. Eine ganze Industrie macht sich das zunutze, in dem sie uns suggeriert, wir seien durch materiellen Besitz mehr Wert.

Die Antwort auf die Frage „Wie kommen wir zu mehr Selbstbewusstsein?“ steckt bereits im Wort: Selbst-bewusst-sein. Wir müssen lernen, bewusst zu sein. Wir müssen lernen, uns unseres wahren Selbst, unseres inneren Kerns bewusst zu werden. Gleichzeitig lösen wir damit die Identifikation mit unserem Ego immer mehr auf.

Vom Ego zum Sein.
Vom Tun zum Sein.
Vom Leisten zum Sein.
Vom Außen nach Innen.

Der Wechsel zum Sein bzw. nach Innen, heißt nicht, dass wir keine Leistung mehr erbringen, dass wir nicht mehr vorwärtskommen oder unser Leben stillsteht. Der Wechsel bezieht sich auf die Basis, auf die wir uns stützen. Statt in äußeren, sich ständig verändernden Dingen, Halt zu suchen, etablieren wir durch eine neue Seins-Qualität, eine Grundlage, die unabhängig von äußeren Faktoren stabil ist. Wir durchdringen den dunklen Gedankennebel, der unseren Kern und den darin enthaltenen Selbstwert verdeckt. Wir finden zu unserer inneren Kraft. Und mit dieser Kraft sind wir umso mehr in der Lage, unser Leben selbst in die Hand zu nehmen, Schwierigkeiten zu meistern und Großes zu (er)schaffen.

Vier Wege zu mehr Selbstbewusstsein

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die uns dabei helfen zu mehr Selbstbewusstsein zu kommen. Ich möchte vier Wege vorstellen, die mir besonders geholfen haben.

Meditation

Meditation ist die beste Übung, um vom Ego zum Sein zu wechseln und uns mit unserem Inneren zu verbinden. Während der Meditation gehen wir in Distanz zu unseren Gedanken. Wir schulen unseren inneren Beobachter. Wir erkennen, dass wir nicht unsere Gedanken sind, sondern diejenigen, die die Gedanken beobachten. Dadurch dringen wir nach und nach durch unseren eigenen Gedankennebel und treten mit unserem Kern in Verbindung.

Die tägliche Meditation hatte einen enormen Einfluss auf mein Selbstbewusstsein. Ich wurde immer ruhiger und gelassener. Ich habe dadurch meine innere Basis entdeckt, die mir unabhängig von äußeren Einflüssen Stabilität gibt. Ich sah immer deutlicher, dass ich wertvoll bin, so wie ich bin. Ohne etwas leisten zu müssen. Ohne bestimmten Vorstellungen zu entsprechen. Ohne jemand Besonderes sein zu müssen. Ein Gefühl von Stärke und Zuversicht machte sich breit. Und damit wurde ich nachhaltig selbstbewusster.

Üben, das Wertvolle im Gegenüber zu sehen.

Unser Ego will immer urteilen und ist immer auf der Suche nach den Fehlern der anderen. Aber so wie wir mit anderen umgehen, so gehen wir auch mit uns selbst um. Wenn wir unser Gegenüber ständig beurteilen oder gar verurteilen, uns nur auf seine Fehler konzentrieren, dann tun wir das, ganz automatisch, auch mit uns. Dann sehen wir auch uns selbst als fehlerhaft und nicht gut genug an. Sobald wir anfangen, uns darin zu üben, das Gute, das Wertvolle im anderen zu sehen, fällt es uns auch leichter, das Gute, das Wertvolle in uns selbst zu erkennen.

Besonders herausfordernd, aber auch besonders wirksam ist es, wenn wir versuchen das Gute im Gegenüber auch dann zu sehen, wenn er oder sie uns gerade gehörig auf die Nerven geht.

Den Umgang mit der inneren Stimme üben.

Unsere innere Stimme hat enormen Einfluss auf unser Selbstbewusstsein. Je nachdem, wie die innere Stimme mit uns spricht und was sie sagt, unterstützt sie uns und gibt uns Kraft, oder schwächt sie uns und raubt uns Energie. Hören wir zweifelnde, kritische und destruktive innere Kommentare, wirkt sich das negativ auf uns aus. Hören wir liebevolle, wohlwollende und motivierende Worte, dann hat das einen positiven Effekt auf uns.

Mir geht es nicht darum, die kritische innere Stimme völlig auszublenden oder zu ignorieren. In gewissen Situationen ist sie wichtig. Sie weist uns möglicherweise darauf hin, wo wir besonders aufmerksam sein sollen, woran wir noch arbeiten können, was wir noch lernen dürfen. Wenn unsere innere kritische Stimme also eine beratende Funktion einnimmt, ist das gesund. Wenn sie unkontrolliert wütet, dann ist das ungesund.

Achte also darauf, wie du mit dir selbst sprichst.

  • Was sagst du dir selbst den ganzen Tag über?
  • Welche Gedanken und Kommentare wiederholen sich?
  • In welchem Ton sprichst du mit dir?
  • Welcher Anteil spricht gerade? Dein Ego oder dein innerer Kern?
  • Wenn du destruktive Kommentare hörst, kannst du dich zum Beispiel fragen, was dein innerer Kern dazu sagen würde. Der hat meist eine ganz andere Meinung dazu.

Versuche der Stimme deines inneren Kerns mehr Raum zu geben. Mehr mit ihm in Verbindung zu treten. Ihm, und weniger dem Ego, die Führung zu überlassen.

Sich mit den richtigen Menschen umgeben.

Natürlich gilt es nicht nur darauf zu achten, wie wir mit uns selbst umgehen, sondern auch, wie andere Menschen mit uns umgehen. Bewegen wir uns in einem Umfeld, das uns runterzieht, uns klein macht und sich gerne auf seine oder unsere Schwächen konzentriert? Oder sind wir unter Menschen, die uns bestärken, die uns Mut machen und die ihre eigenen und unsere Fähigkeiten zu schätzen wissen?

Reflektiere einen Moment, welche Menschen in deinem Leben dir Kraft geben und welche dir Kraft rauben. Wie viel Zeit schenkst du wem? Fühlst du dich nach einem Treffen gestärkt oder geschwächt? Durch eine solche Reflexion, kannst du gut entscheiden, ob du mit der Zeitaufteilung zufrieden bist, oder vielleicht etwas verändern möchtest.

Alles Schritt für Schritt

Der Weg zu mehr Selbstbewusstsein bzw. der Weg zu unserem inneren Kern, zu unserem wahren Selbst ist ein Prozess. Mach dir also keinen Druck. Oft gehen wir zwei Schritte nach vorne und dann wieder einen zurück. Das regelmäßige Meditieren, das tägliche Üben, das Wertvolle im Gegenüber zu sehen und der bewusste Umgang mit unserer inneren Stimme, sind kraftvolle Mittel, um diesen Weg zu meistern.

Ich habe eine Mediation erstellt, die dir dabei hilft dein Selbstbewusstsein zu stärken und deinen eigenen Selbstwert bewusst zu erfahren:

Geführte Meditation für mehr Selbstbewusstsein

Die Meditation unterstützt dich dabei, die Verbindung zu deiner inneren Stärke aufzubauen, mit der du selbstbewusst und mit mehr Leichtigkeit durchs Leben gehen kannst.

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