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Die Macht der Worte (3/3): Verbale Beeinflussung

Unsere Wortwahl hat Einfluss auf uns und unsere Mitmenschen. So können wir mit einer bewussten Wortwahl beispielsweise unsere Mitmenschen bestärken und Beziehungen verbessern. Genauso haben die Worte anderer aber auch Einfluss auf uns. Durch achtsames Wahrnehmen können wir die Projektionen anderer Menschen allerdings erkennen.

14. November 2018

Unsere Worte – die Beeinflussung anderer

Mit unseren Worten beeinflussen wir unsere Mitmenschen. Es liegt also in unserer Hand, ob wir Worte wählen, die sie eher bestärken oder schwächen. Sich die Frage zu stellen, was würde ich gerne an dieser Stelle hören, kann dabei helfen, die richtigen Worte zu finden.

Als ich vor einigen Jahren einmal bei einem meiner Kunden vor Ort war, stellte ich fest, dass dort ein zynischer und negativer Tonfall herrschte. Über den Tag verteilt wurden die Kommentare und Gespräche teilweise immer bissiger und abträglicher. Es war wie ein Strudel, in den irgendwann jeder, der sich diesem Strudel nicht bewusst war, mitgerissen wurde. Es war wirklich interessant, das zu beobachten. Alles ging sehr subtil vonstatten.

Jedes Gespräch beeinflusst uns, selbst wenn wir gar nicht Teil des Gesprächs sind, sondern es nur mithören. Demnach war es damals eine wirkliche Herausforderung, in dieser Umgebung achtsam und bewusst zu bleiben. So habe ich immer wieder bemerkt, wie auch ich plötzlich einen anderen Tonfall anschlug. Der vorherrschende Tonfall dort war hochgradig ansteckend.

Ich versuche stets, mit meinen Mitmenschen so zu sprechen, dass sie eine positive Erfahrung mehr am Tag haben. Ich will für sie ein erfreuliches Erlebnis sein und kein ärgerliches. Selbst wenn mir jemand blöd kommt, versuche ich, freundlich zu bleiben.

Meine Orangensaftbegegnung

Mein Freund und ich sind diesen Sommer nach Italien gefahren. Nachdem es Probleme beim Abholen unseres Mietwagens gegeben hatte, war die Stimmung bei uns leicht gereizt. Bevor es losging, wollten wir noch einige Getränke für die Fahrt kaufen und liefen in den nächsten Supermarkt. Kennt ihr diese Orangensaftautomaten, an denen man sich einen frisch gepressten Orangensaft in Flaschen abfüllen kann? So einer fiel uns sogleich in den Blick, und wir schritten zur Tat. Nachdem die Flasche halb gefüllt war, kam der Automat jedoch ins Stocken und nichts ging mehr. Also sprachen wir eine Mitarbeiterin an, die uns allerdings eine ziemlich pampige Antwort um die Ohren schlug: „Natürlich funktioniert der, einfach auf den Knopf drücken!“ Nun ja, unsere Stimmung war ohnehin schon etwas gereizt, und unsere Egos hätten gerne einfach irgendwas Pampiges zurückgepfeffert. Mein Freund und ich aber schauten uns nur kurz in die Augen, blieben cool, lächelten sie an und erklärten ihr noch einmal in freundlichem Ton, was das Problem sei. Um es kurz zu machen: Am Ende hatten wir eine volle Orangensaftflasche und eine gut gelaunte und lachende Mitarbeiterin. Statt uns auf ihr Stimmungslevel zu begeben, sind wir bewusst freundlich geblieben. Wie sich zeigte, hat sie sich davon anstecken lassen, war am Ende gut gelaunt, und wir waren es auch.

Wir alle kennen Situationen dieser Art. Jemand ist unhöflich zu uns, und wir haben die Wahl: Reagieren wir auf gleiche Weise, oder bleiben wir bewusst, schenken demjenigen ein Lächeln und antworten freundlich. Die Begegnung mit der Mitarbeiterin im Supermarkt hat mir gezeigt, dass unser Verhalten sie förmlich dazu gezwungen hat, ihre Stimmung zu verbessern – ich glaube, weil freundlich bleiben ein so starker Kontrast zu unhöflichem Benehmen ist. Die andere Person wird dieses Missverhältnis irgendwann bemerken und steht dann im Zugzwang: Bleibt sie bei ihrer unfreundlichen Art, oder reagiert sie auch freundlich? Ich bin mir nicht sicher, ob diese Entscheidung bewusst abläuft. Vermutlich aber führt dieser Kontrast demjenigen vor Augen, dass er sich gerade wie ein Arsch verhält.

Gelingt es uns, immer bewusst und achtsam zu reagieren? Sicherlich nicht. Ist da schlimm? Nein, wir sollten uns dabei selbst nicht unter Druck setzen. Aber wir können es trotzdem immer wieder versuchen.

Mir geht es vornehmlich um kleine alltägliche Situationen, die wir bewusster gestalten können. Natürlich gibt es aber auch Momente, in denen es ein klar ausgesprochenes „Nein“ braucht. Wenn jemand eine Grenze überschreitet, müssen wir ihm diese Grenze auch deutlich zeigen.

Mit den Worten anderer bewusst umgehen

Früher habe ich alles persönlich genommen – jeden Satz, jeden Kommentar und vor allem jede Kritik. Irgendwann wurde mir aber bewusst, dass es nicht immer die Intention der Leute ist, mich zu verletzen. Oftmals wollten sie mit ihren Worten etwas ganz anderes ausdrücken, als das, was ich verstand.

Erinnern wir uns an die Erkentniss aus dem Artikel Die Macht der Worte Teil 1: „Jeder gibt Worten eine andere Bedeutung“. Wir sollten also Gesagtes ganz differenziert betrachten und im Zweifelsfall nicht alles persönlich nehmen. Mir hat diese Erkenntnis mein Leben auf jeden Fall stark erleichtert und vereinfacht.

Irgendwann habe ich festgestellt, dass die Leute oft nur von sich reden, also sich selbst in uns spiegeln. Eine Situation, die sich vor einigen Jahren ereignete, hat mir das besonders deutlich gezeigt. Als ich noch Angestellter in einem Unternehmen war, ging ich nachmittags in die Kaffeeküche, um mir einen Tee zu machen. Ein Kollege, mit dem ich nur gelegentlich zu tun hatte, schaute mich an und fragte ganz unvermittelt: „Sag mal, hast du abgenommen? Du hast aber keine Essstörung, oder?“ Ich war völlig perplex. Ich war zu dem Zeitpunkt sicher schlank, aber ich hatte nicht abgenommen und sah meines Erachtens gesund und fit aus. Ich konnte nur mit einem knappen „Nein, mir gehts gut“ antworten – mehr brachte ich in dem Moment nicht heraus. Ich ging zurück an meinen Schreibtisch und fing an zu grübeln, warum mir jemand so eine unverschämte Frage stellte. Ich dachte mir, wenn jemand an Übergewicht leiden würde, würde doch auch niemand auf die Idee kommen, die Frage zu stellen, ob er zugenommen und eine Essstörung habe. Und in dem Moment, als ich über Übergewicht nachdachte, wurde es mir schlagartig klar: Der Kollege, der mir gerade diese Frage gestellt hatte, hatte selbst in den letzten Monaten deutlich an Gewicht zugelegt. Und damit wurde mir etwas bewusst: Menschen sehen sich selbst im anderen. Es können Aspekte sein, die beide Personen teilen, oder gegenteilige Aspekte wie in meinem Beispiel.

Wenn also das nächste Mal jemand einen seltsamen oder unangenehmen Kommentar über dein Aussehen, deine Lebensweise, deinen beruflichen Weg oder deine Familie macht, versuch es nicht persönlich zu nehmen. Mir hilft es in solchen Situationen dann immer, einen Moment innezuhalten und mich zu fragen, spricht derjenige wirklich von mir, oder spricht er von sich selbst? Und die meisten Menschen sprechen ziemlich oft von sich selbst … Natürlich tun wir dasselbe auch bei anderen – je mehr wir uns aber mit dem Thema beschäftigen, desto besser fällt es uns auf, wenn wir uns im anderen sehen.

Wir sind uns meist nicht bewusst, dass der Gegenüber sich in uns spiegelt und wir uns in ihm. Und hier liegt die Gefahr: Wir differenzieren nicht, nehmen Gesagtes schnell persönlich, lassen uns beeinflussen und fühlen uns verletzt. Das verzerrt unsere Wahrnehmung.

Und auch hier heißt es wieder, die Balance finden und nicht in das andere Extrem rutschen. Wer immer behauptet, der andere meine mit seiner Kritik gar nicht sie selbst, hat genauso eine verzerrte Wahrnehmung.

Die große Chance dabei ist, uns selbst und unsere Mitmenschen besser kennenzulernen. Wann immer wir uns über jemanden aufregen, neidisch sind oder etwas nicht gut finden, können wir eine kurze Pause machen und überlegen, ob wir diesen Aspekt selbst gerne in unserem Leben hätten. Manchmal sind es Persönlichkeitseigenschaften, die wir nicht ausleben, oder Charakterzüge, die wir uns nicht eingestehen wollen. Manchmal beschäftigt sich derjenige mit Themen, die wir gerne verdrängen, oder er erlaubt sich Freiheiten, die wir uns selbst nicht ermöglichen.

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